JESUIT WERDEN

Pater Josef Maureder SJ (54) war von 2007 - 2015 Novizenmeister der deutschsprachigen Jesuitenprovinzen in Nürnberg. P. Christof Wolf SJ hat ihn zu seinen Erfahrungen befragt.

Wie verläuft die Aufnahme ins Noviziat, muss man sich da bewerben?

 

Wenn es konkreter wird mit dem Eintritt, wird der Novizenmeister einen Interessenten einladen, zwei bis vier Tage das Noviziat zu besuchen, und in dieser Zeit klärt sich, ob wir das Aufnahmeverfahren beginnen. Dies beinhaltet, dass mit 4 Mitbrüdern gesprochen wird, die schreiben, ob dieser Interessent geeignet ist, zu uns zu kommen. Dann wird er auch mit einem Psychologen reden, der die Frage stellt: Ist dieser Mann psychisch gesund, oder gibt’s da oder dort Fragezeichen, und die meldet er dem Interessenten auch zurück. Und dann brauchen wir Dokumente - ein Gesundheitszeugnis, die Abschlusszeugnisse der Studien, das Firmzeugnis. Und am Schluss wird der Kandidat auch mit dem Provinzial sprechen, der sich alles durchliest und entscheidet. Wenn er positiv entscheidet, dann ist normalerweise Mitte September der Eintrittstermin.

Wie sieht normalerweise der Weg in den Jesuitenorden aus?

 

Wenn sich heute Leute für unseren Orden interessieren, haben sie für gewöhnlich Kontakt mit dem Verantwortlichen für die Berufungspastoral, der Interessenten begleitet und einlädt zu Informationstagen. Wenn es denn dazu kommt, dass sie aufgenommen werden und ins Noviziat kommen, dann beginnt eine zweijährige Ausbildungszeit. Die ersten zwei Wochen - wir nennen es Kandidatur - da sind sie noch Gäste und entscheiden sich am Ende definitiv für die Noviziatszeit. Im ersten Jahr steht vor allem die menschliche Reifung im Vordergrund. Am Ende des ersten Jahres kommen die Großen Exerzitien, in denen meistens die Entscheidung fällt: Ist ihre Berufung anderswo? Oder spüren sie, dass sie weiter gehen und wirklich Jesuit werden wollen? Im zweiten Jahr ist die geistliche Phase ganz wichtig. Es geht um die Gelübde und die Lebensform. Und am Ende des Noviziats wiederum ist die apostolische Dimension, der Einsatz, sehr wichtig. Von den sieben Monaten sind sie praktisch über fünf Monate in Experimenten, in Praktika, in pastoralem Einsatz. Von daher ist es eine zweijährige Zeit eine Übungszeit, in Gemeinschaft zu leben, den Orden kennen zu lernen, sich selbst kennen zu lernen und vor allem Gott kennen zu lernen, und in diesem Kennenlernen zu spüren: Will ich diesen Weg gehen, kann ich diesen Weg gehen und dann eine tragfähige Entscheidung treffen?

Was die Kandidaten betrifft, hat sich da in den letzten 8 Jahren etwas verändert?

 

Wir haben eine wachsende Spanne in mehrerer Hinsicht, z.B. des Alters. Das war früher eher die Ausnahme. Jetzt ist es so, dass wir eigentlich jedes Jahr schon damit rechnen, dass Leute kommen, die älter als 40 Jahre sind, und andere - und das ist eine neuere Entwicklung der letzten zwei, drei Jahre -, die relativ jung sind, sodass man eine Spanne von manchmal über 20 Jahre zwischen den Jüngsten und Ältesten hat. Eine zweite Sache ist, dass die Spanne des kulturellen Hintergrundes, zum Teil in der Sprache, größer geworden ist, weil wir natürlich drei Provinzen sind und Skandinavien dazu gehört und in Zukunft auch Litauen. Dann gibt es eine größere Spanne in der kirchlichen Sozialisation. Es gibt Leute, die haben kaum mit einer Pfarrgemeinde zu tun gehabt, die haben einen persönlichen Weg mit Gott gemacht. Und es gibt andere Kandidaten, Interessenten, die sind Messdiener gewesen. Ich meine, dass es ein großes Geschenk ist, dass die Leute mit unterschiedlichsten Ausbildungen kommen. Es gab manchmal einen Jahrgang, wo viele schon Theologie und Philosophie hatten. Aber jetzt kommen Leute aus praktischen Berufen, Juristen oder Rettungssanitäter. Ich empfinde das als einen Reichtum und ein Geschenk, auch wenn sie schon älter sind und dann noch das ganze Studium machen müssen. Und ein Letztes, was sich verändert hat ist, dass die Motivation gewöhnlich abgeklopfter ist. Die Freunde und die Umgebung sind nicht unbedingt gleich begeistert, wenn sie sich für uns interessieren. Das war, vielleicht nicht unbedingt vor acht Jahren, aber doch vor zwei, drei Jahrzehnten, noch anders. Heute erleben die meisten fragende Gesichter, und das fordert eine Auseinandersetzung, ob sie wirklich diesen Weg wollen, in einem viel stärkeren Maße. Und das halte ich eigentlich für vorteilhaft.

Was sind die Motive derjenigen, die da anklopfen?

 

Ich stelle fest und es macht mir große Freude, dass die meisten tatsächlich irgendwo auf der Suche nach Gott sind, nach diesem Geheimnis, auf das sie zugehen. Und ein zweiter Grund ist gewöhnlich bei nicht wenigen, dass sie sich in dieser ungerechten Welt für die soziale Gerechtigkeit einsetzen wollen, dass sie spüren, sie können einfach nicht ihr bürgerliches Leben führen, wenn andere wirklich im Dreck sind und es ihnen schlecht geht. Ein dritter Grund ist meistens die Frage der Gemeinschaft, wenn sie sich bei uns melden, sie wollen mit anderen den Weg gehen, also gerade einen Weg, der von Werten motiviert ist. Sie wissen, das geht normalerweise nicht allein und brauchen andere, wollen eine Pilgergemeinschaft. Und dann gibt es natürlich verschiedene andere Aspekte noch. Manche wollen auch einfach auf bestimmte intellektuelle Fragen eine Antwort. Sie zieht der Jesuitenorden an, weil er auch dafür steht, dass wir uns eben schweren Fragen stellen und uns intellektuell mit ihnen auseinandersetzen.

In den acht Jahren als Novizenmeister, was war da das schönste Erlebnis?

 

Eines der schönsten Erlebnisse ist natürlich immer wieder die Erfahrung in den Exerzitien, wenn Novizen deutlich wird, wer dieser Jesus von Nazareth für sie ist und was er bedeutet für die Welt. Und wenn man dann spürt plötzlich, das hat sie ergriffen. Und das habe ich einige Mal in einer sehr deutlichen Weise erfahren dürfen im Zuhören, dass ich mich wirklich beherrschen musste, nicht in Tränen dazusitzen, sondern eine professionelle Ruhe zu bewahren, weil mich das einfach bewegt, wenn für Novizen das plötzlich klar wird, und ich merke, dann ist so viel passiert… Alles andere, was einem sonst durch den Kopf geht, kann das nicht aufwiegen, wenn das Herz ergriffen wird, so wie Paulus sagt, dass er diesen Weg geht, weil ich von Christus ergriffen worden bin.

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